
Anzeige
Wertschöpfung und Wertschätzung haben die Genossenschaft mit ihrem Hauptwerk in Wiesenfeld groß gemacht. Nun nehmen die Milchwerke Oberfranken West eine vollautomatisierte Weichkäserei in Betrieb, um noch besser auf dem Markt positioniert zu sein.
Ludwig Weiß steigt eine Treppe hinauf auf ein Podest. Von hier ist die neue Anlage für Weichkäse gut zu überblicken – zumindest so gut, wie das bei einem so komplexen Produkt wie Käse überhaupt möglich ist. Seit 27 Jahren steht Weiß bei der Genossenschaft ganz oben. Er ist Kopf, Herz und Motor. „Ich habe nur für den Käse gelebt“, sagt er und strahlt. Auf einer Seite fahren Kunststoff -Loren im Kreis. Jede fasst 650 Liter Milch. Automatische Rechen trennen Käsebruch und Molke. Auf der anderen wird der Bruch in Formen gegossen, bevor sie für ein paar Stunden in Klimaschränken verschwinden.
„Milch ist ein teurer Rohstoff , da brauchen wir Spitzenpersonal. Wenn ich gute Leute haben will, muss ich sie gut bezahlen.“ Das ist für Weiß die Basis. Die Milchwerke Oberfranken West zahlen nach Tarif, jedes Jahr gibt es die vereinbarten Steigerungen. Und die Genossenschaft zahlt ihren Lieferanten, die Genossen sind, einen guten Preis für ihre Milch. Das sind derzeit fast 700 Betriebe, meist bäuerliche Familien, die ihre Höfe in Franken, Thüringen und Hessen haben. Der größte Betrieb liefert jeden Tag 40.000 Liter Milch, der kleinste hat eine Hand voll Bio-Kühe. In den Milchwerken in Wiesenfeld kommt die Milch zusammen, Tankzug für Tankzug an vier Entladeplätzen. 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren hier rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche Käse. „Wir wollen möglichst viel Wertschöpfung bei uns im Haus halten“, sagt Weiß. Das bedeutet ein großes Sortiment mit Spezialitäten, die dann auch in ganz Europa verkauft werden.
Bald werden die Milchwerke 100 Jahre alt. Weiß hat sie ein Drittel dieser Zeit begleitet und geleitet. „Ich habe Milchtechnologe gelernt und nicht Verkäufer“, sagt er. Doch genau darum ging es in den 100 Jahren immer. Wer den Genossen und Mitarbeitern gutes Geld zahlen will, muss auch gut verkaufen. Eine Feuerprobe für den jungen Ludwig Weiß. „Auf einer Messe habe ich einen ganzen Zug Cheddar nach England verkauft – da dachte ich: Ich kann doch ganz gut verkaufen.“ Cheddar ist heute der meistverkaufte Käse der Welt. Fast überall ist das so – nur nicht in Deutschland. In Wiesenfeld gehört er so selbstverständlich dazu wie geriebener Gouda, Emmentaler, die Coburger Rolle oder panierte Mozzarella-Sticks. Das sind die heutigen Trends: fertige Produkte wie Back-Camembert, Mozzarella- Sticks, Grillkäse. „Das brummt zur Zeit“, sagt Weiß. Der heutige Verbraucher möchte weichen, durchgereiften Käse. Die neue Weichkäserei wird gerade noch in Betrieb genommen. 50 Millionen Euro hat die Genossenschaft hier investiert. „Wir müssen besser und innovativer als der Wettbewerb sein“, sagt Weiß.
Dafür tüfteln noch Techniker und Programmierer an der einen oder anderen Stelle – denn später soll hier alles automatisch ablaufen. „Der Mensch ist der Risikofaktor in der Käseproduktion“, sagt Weiß und meint die Hygiene und den Umgang mit dem Lebensmittel. Ob Blauschimmel oder der weiße Flaum auf einem Brie, Pilze brauchen ihr bestimmtes Klima und wollen nicht durch andere Sporen, die in der Luft umherschwirren, gestört werden. So sind alle Lager- und Reiferäume mit Überdruck. Die gereinigte und temperierte Luft wird in die Räume geblasen. Die Luft kann hinaus, von außen kommt aber keine rein. Es geht immer um die richtige Balance.
Die Milchwerke haben diese Balance auch in der Wendezeit geschafft. Weiß war damals noch Assistent des Direktors. „Wir haben den thüringischer Bauern sofort den gleichen Preis für die Milch wie den fränkischen gezahlt.“ Das war eine Entscheidung, die sich auszahlte, denn die Thüringer kamen in Scharen, die Milchwerke konnten weiter wachsen. „Ich habe damals gemerkt: Thüringen und Franken, das passt einfach zusammen“, erinnert sich Weiß. So wird auch aus thüringischer Milch eine Coburger Rolle oder der Frankendammer, die in vielen Kühlregalen von Edeka, Lidl oder Aldi verkauft werden. Erfunden hat den Frankendammer der Zufall. In dem Prozess mit unendlich vielen Stellschrauben lief etwas nicht ganz so wie geplant. „Der Käse sah aus wie ein Schwamm mit vielen kleinen Löchern“, erinnert sich Weiß. Zuerst hat er sich geärgert – dann probiert. „Süßlich mit viel Geschmack – das könnte etwas werden.“
Als Geheimtipp aus dem Versuchslabor hat er ihn mit auf seine Verkaufstour genommen. Und auch hier hatte er Erfolg. Doch die ersten Kunden wollten den Käse nur geschnitten. Vorher gab es keine Scheiben aus Wiesenfeld. „Gleich auf der Heimfahrt habe ich aus dem Auto heraus telefoniert und überlegt wie wir das machen können.“ Wie immer musste alles im laufenden Betrieb passieren, denn die Kühe geben immer Milch. Mit der vollautomatischen Käserei möchte Weiß erstmals auch einen Schritt zurück gehen. „Mein Ziel ist die Sechs-Tage-Woche, wenn hier alles läuft“, sagt er.
Milchwerke Oberfranken West eG
Die Milchwerke Oberfranken West gibt es seit 1927. Rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren pro Jahr 65.000 Tonnen Käse und erwirtschaften damit einen Umsatz von 470 Millionen Euro. Dafür sind jeden Tag 1,7 Millionen Liter Milch notwendig, die zur Hälfte aus Franken kommt. 30 Prozent der Milch kommen aus Thüringen, weitere 20 Prozent aus Hessen. Die weithin sichtbaren Milchwerke in Wiesenfeld entstanden 1993 auf der grünen Wiese.
Die Genossenschaft mit Standorten in Sonneberg, Hildburghausen, Schleusingen, Coburg und Bad Staffelstein hat sich somit auf einen Ort konzentriert. Seit 2004 gibt es mit „Silberdistel“ noch einen Standort in Lendershausen. Für die neue, vollautomatisierte Weichkäserei investierte die Genossenschaft rund 50 Millionen Euro.
Coburger Käseladen
Direkt neben dem Milchwerken in Wiesenfeld ist der Coburger Käseladen. Er hat Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr geöffnet. Hier gibt es Käse direkt aus der Produktion.
Ausbildung
Starte auch du deine Ausbildung zum milchwirtschaftlichen Laborant (m/w/d) und zum Milchtechnologen (m/w/d) Eine Ausbildung mit der auch Ludwig Weiß seine Karriere begann.
Neueste Kommentare