
Halgard Stolte schenkt Tee ein. In der Küche des ehemaligen Pfarrhauses in Nordhalben liegt ein neuer Holzboden aus Eiche. „Den habe ich aus Litauen organisiert“, sagt sie. Hier sollen sich Menschen treffen, austauschen, miteinander kochen. Vier kleine Wohnungen hat sie im ersten Stock renoviert und vermietet. Die Küche im Erdgeschoss wie das Zimmer daneben mit Sofas auf dem Boden, Kunst an den Wänden und einem alten Kachelofen in der Ecke sind für alle da.
„Die Idee ist, zusammenzuleben und zusammenzuarbeiten“, beschreibt sie ihren Antrieb. Das wollte sie auch für das Nordhalben-Village etablieren, für das sie sich viele Jahre engagierte. Halgard Stolte ist eigentlich immer in Bewegung, im Kleinen wie im Großen, im Inneren wie im Äußeren. Sie sammelt Anregungen aus Gesprächen und aus Ländern, passt sie für ihr Leben und ihre Projekte an – und los geht es. Natürlich gibt es dafür eine Glasfaserleitung im ehemaligen katholischen Pfarrhaus und einen Anschluss an das Nahwärmenetz. Das ist der Anfang, damit alle arbeiten und leben können.
Für die Mieter sind die Wohnungen renoviert, ihr eigenes Büro ist noch sehr nah an dem Zustand, in dem sie das Haus gekauft hat. An der Decke sind noch die Holzpaneelen, die früher einmal schick waren. „Die gab es fast im ganzen Haus“, lacht sie. An den Wänden lehnen großformatige Gemälde. Einige sind von Freunden, ein paar von ihrem Vater, die meisten aber sind von ihr. Hier in diesen Räumen arbeitete die Pfarramtssekretärin und es fanden Gespräche über Hochzeiten, Taufen oder Todesfälle statt. Stoltes Telefon klingelt. „Eine schwedische Nummer, ich muss mal kurz dran.“ Es folgen ein paar Sätze auf Englisch, sie vertröstet die Anruferin. Im Pfarrhaus laufen die Fäden zusammen. Früher die aus Nordhalben, heute die aus der halben Welt. Die Steine sind die gleichen geblieben. „Die dicken Mauern sind faszinierend.
Sie halten uns im Winter warm und im Sommer bleibt es schön kühl.“ Die Laibungen an den Fenstern sind mächtig, wenigstens einen halben Meter stark. Die Fenster sind geblieben, restauriert und in einem dunklen Blau gestrichen. Schiefer packt das Haus ein wie einen Burger. Das Dach ist aus Schiefer – „und glücklicherweise dicht“. Und der Keller ist aus Schiefer. „Hier müssen wir uns noch etwas Gutes ausdenken“, sagt Stolte. Die Mitte ist aus Sandstein. Stolte kann jedem Teil etwas abgewinnen. „Ich liebe den Dachboden“, sagt sie und führt hinauf. Ein Zimmer ist fertig und bewohnbar, im übrigen Teil stehen weitere Bilder, die meisten in Folie verpackt.
Nebenan steht St. Bartholomäus. Vor der Kirche flattern zwei Fahnen. Draußen tönt Musik, deren Klänge auch durch die dicken Mauern bis in die Küche dringen. „Heute ist Kirchweih“, sagt Stolte. Sie ist mitten im Geschehen geblieben, auch wenn das Nordhalben-Village auf der anderen Straßenseite und sie inzwischen unterschiedliche Wege gehen. Es scheint, als läge Nordhalben im Nichts. Doch Stolte macht eine andere Rechnung: „Wer in großen Städten unterwegs ist, fährt oft jeden Tag bis zu einer Stunde zur Arbeit. Wer diesen Radius hier anlegt, kommt ganz schön weit.“ Zum Beispiel nach Coburg, Saalfeld, Bayreuth oder Hof. Oder mit ein paar Minuten mehr auch nach Bamberg oder Jena, wo sie derzeit einen Tag in der Woche als Kunstlehrerin arbeitet.
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