
Herbsthauch
von Friedrich Rückert
Herz, nun so alt und noch immer nicht klug,
Hoffst du von Tagen zu Tagen,
Was dir der blühende Frühling nicht trug,
Werde der Herbst dir noch tragen!
Lässt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,
Immer zu schmeicheln, zu kosen.
Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch,
Abends verstreut er die Rosen.
Lässt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,
Bis er ihn völlig gelichtet.
Alles, o Herz, ist ein Wind und ein Hauch,
Was wir geliebt und gedichtet.
Friedrich Rückert
(1788 bis 1866, gestorben und
begraben in Coburg-Neuses)
Herbsthauch
Versuch einer modernen Poetry-Slam-Version
Ey Herz – so viele Jahre auf dem Buckel
und du checkst es immer noch nicht.
Immer noch hoffst du,
dass irgendwann,
irgendwer,
irgendwas
dir das schenkt,
was dir längst verpasst wurde.
Frühling hat nix gebracht,
und du glaubst echt,
der Herbst regelt das?
Schau dich um:
Der Wind flirtet mit den Zweigen,
macht auf süß,
streichelt ein bisschen,
reißt dann die Blüten runter
wie Erinnerungen von gestern.
Morgens Rosen,
abends Staub.
Und er hört nicht auf,
bis alles kahl ist.
Alles ist Wind, Herz.
Alles ist Atem.
Alles, was wir lieben,
alles, was wir schreiben,
alles, was wir sind.
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