Wie ein Zentrum für digitale Zukunftstechnologien im Umbau mehr CO2 bindet als umsetzt
Ein Kubikmeter Beton setzt 180 bis 300 kg CO2 pro Kubikmeter frei. Holz bindet pro Kubikmeter zwischen 800 bis 1.250 kg CO2 pro Kubikmeter. Wie wäre es, wenn ein Umbau so gestaltet wird, dass er am Ende mehr CO2 bindet als freisetzt, also eine positive Bilanz für das Klima hat? In Lichtenfels geht der Zweckverband Forschungs- und Anwendungszentrum für digitale Zukunftstechnologien (FADZ) genau diesen Weg. Der Umbau der Kirschbaummühle zum Lern-, Forschungs- und Netzwerkort soll CO2-neutral gelingen.
Es ist ein Vorreiter-Projekt. Johannes Zeck, der Geschäftsleiter des Zweckverbandes, nennt den Kern der Idee: „Die Kirschbaummühle wird ein Zentrum für Bildung und Wissenstransfer. Studieren in Lichtenfels, Forschung und Entwicklung sollen hier zentriert werden. An Bestand soll so viel wie möglich erhalten werden und bei Neubau möglichst viel Holz und möglichst wenig Beton verwendet werden.“ Dafür bekommt der Zweckverband Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes. Elf Millionen Euro fließen von Berlin nach Lichtenfels. Weitere Unterstützung gibt es von der Oberfranken-Stiftung und der Städtebauförderung. Zusammen mit einem Eigenanteil von zwei Millionen Euro wird der Umbau finanziert, erklärt Johannes Zeck.
In der Kirschbaummühle wird der Studiengang „Additive Manufacturing and Lightweight Design“ der Hochschule Coburg beheimatet werden. Mit 25 Studierenden im aktuellen Semester hat sich der 2022 in Lichtenfels gestartete Studiengang sehr positiv entwickelt. Weiterhin wird das Technologietransferzentrum der Hochschule Coburg in der Kirschbaummühle seine Heimat fanden. Bereits jetzt forschen dessen zehn feste Mitarbeitende an einem Interimsstandort. Die Kirschbaummühle wird für deren Labore im Bereich Additive Fertigung, Automatisierungstechnik und Künstliche Intelligenz ausgelegt. Mit diesen und weiteren Partnern soll die Kirschbaummühle ein Zentrum für Wirtschaft, Hochschule und Bildung werden – und dies CO2 neutral.
Bei dem Projekt geht es um mehr als nur den Bau
„Wir wollen die Menschen mitnehmen und für die Idee begeistern“, sagt Zeck. Wer selbst baut oder umbaut, soll hier erleben und entdecken können, wie mit Ressourcen sparsam umgegangen werden kann. So war zum Beispiel die Zukunftswerkstatt des Landkreises mit Schülerinnen und Schülern zu Gast. Die Universität Bayreuth begleitete den Workshop. Gemeinsam haben sie erarbeitet, wieviel CO2 Baustoffe binden oder freisetzen. So kann auf einer Waage gezeigt werden, wie klimafreundlich ein Bau werden kann.
„Jeder Baustoff hat seine eigene CO2-Bilanz. Wir können die Planungen des Umbaus mit diesen Daten hinterlegen und damit errechnen, wieviel CO2 freigesetzt oder gebunden wird“, sagt der Geschäftsleiter. Mit einem digitalen Zwilling der Kirschbaummühle konnte Gewerk für Gewerk, Baustoff für Baustoff berechnet werden, wie diese Bilanz aussieht. „Beim jetzigen Planungsstand können wir 312 Tonnen CO2 mehr binden als im Umbau freigesetzt werden.“ Beton wo nötig, Holz wo möglich – wiederverwenden vor neu bauen, das sind die Überlegungen, die sich durch das Projekt ziehen. „Der Bund fördert daher das Vorhaben, um aus dem Bauprozess neue Erkenntnisse für klimaneutrales Bauen im Bestand zu gewinnen. Die Kirschbaummühle ist eines von drei solcher Referenzprojekte bundesweit“, sagt Zeck. Er nennt dabei einen weiteren wichtigen Aspekt. „Die Kirschbaummühle liegt mitten in der Stadt. Das FADZ in der Kirschbaummühle vereint mehrere Ziele.
Ein jahrzehntelanger, stadtbildprägender Leerstand wird nachhaltig saniert. Forschungszentrum und Hochschulstandort fanden dort in zentraler und verkehrsgünstiger Lage eine Heimat. Neue Impulse entstehen so für den Wirtschaftsstandort in der Stadt und im Landkreis Lichtenfels.“, so Zeck. Der Umbau sei damit auch städtebaulich ein großer Schritt nach vorne. So bringen alle, die künftig hier lernen, forschen, tagen oder netzwerken, Leben in die Stadt. Der klimaneutrale Umbau der Kirschbaummühle soll bis 2027 fertig sein.
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