… ein Oberbürgermeister

Gleich hinter der Rückertschule – neben dem ehemaligen Alexandrinenbad – wurden seine Verdienste um die Stadt mit Hilfe einer kleinen Parkanlage gewürdigt. Auch wenn er nur ganz kurze Zeit an oberster Stelle der Stadtverwaltung stand. Denn er traf als kommissarischer Oberbürgermeister in diesen Tagen weitreichende Entscheidungen zum Wohle Coburgs: Alfred Sauerteig.

Die Villa in der Löwenstraße Nummer 18 gehörte ihm und er lebte darin bis zu seinem Tod im Jahr 1961. In dieser repräsentativen Prachtstraße mit dem glanzvollen Namen. Benannt nach dem Meißener Löwen, dem Wappentier der Wettiner. Geboren wurde er 1877 als Sohn des Landwirts Nikol Sauerteig in Oeslau. Nach seiner Schulausbildung an einem Coburger Gymnasium wechselte der Justizanwärter 1905 in die Stadtverwaltung und wurde Stadtschreiber und stellvertretender Leiter des Polizeiamtes. Der 1.Weltkrieg unterbrach seine Karriere fürs erste. Nach Kriegsende engagierte er sich kommunalpolitisch aber auch zum Wohle der Allgemeinheit in der gemeinnützigen Spitalkasse und der Coburger Turngenossenschaft.

Er überlebte die Säuberungen des Beamtenapparates im Dritten Reich. Einfach deshalb, weil er als unersetzlich im Personalamt galt. 1937 tritt er in die NSDAP ein. Ein Schritt, der ihm später noch zum Verhängnis werden sollte. Als am 7. April 1945 der damalige Oberbürgermeister Greim ihn darum bat, in zu vertreten, willigte er ein. Die amerikanischen Truppen standen schon vor den Toren der Stadt. Was Sauerteig nicht wusste: Greim setzte sich aus Angst vor den anrückenden Truppen zwei Tage später ins Hinterland ab. Sauerteig selbst wurde somit kurzerhand kommissarischer Oberbürgermeister.

Aber die Lage war schwierig. Auf der einen Seite gab es den Führerbefehl, die Stadt bis zum letzten Mann zu verteidigen. Auf der anderen Seite wusste Sauerteig, dass es keine Waffen zur Verteidigung gab. Die Lage war aussichtslos und so entschied der Kommunalpolitiker sich zur Kapitulation. Er unterschrieb die entsprechende Urkunde und bewahrte seine Heimatstadt damit vor der Zerstörung durch die amerikanischen Truppen. Auch das von den Nazis eingesetzte Stadtwappen, das sogenannte Coburger Abzeichen, tauschte er in seiner kurzen Amtszeit wieder gegen den Coburger Mohren ein. Als jedoch noch im Mai 1945 herauskam, dass Sauerteig Parteimitglied der NSDAP war, beendeten die Amerikaner seine Karriere als Oberbürgermeister bereits nach 32 Tagen wieder.

Aus der Kommunalpolitik zog sich der gebürtige Oeslauer jedoch nie ganz zurück. Für den Coburger Volksbund, dem politischen Vorgänger der Freien Wähler und später für die FDP, zog er sogar noch in den Coburger Stadtrat ein. Auch als Historiker betätigte er sich, indem er in seiner Veröffentlichung „Coburger Zeitungsgeschichte“ alle Coburger Zeitungen und Zeitschriften aus den Jahren von 1715 bis 1948 wissenschaftlich aufarbeitete.

Die Coburger Bürger dankten es dem in diesen Maitagen des Jahres 1945 so umsichtig handelnden Verwaltungsbeamten und errichteten ihm zu Ehren in den achtziger Jahren die kleine Grünanlage an der Ecke der Löwenstraße. Obwohl er nur vier Wochen lang die Geschicke seiner Heimatstadt lenkte. Es waren entscheidende Tage, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind. Ein Spaziergang durch die historische Altstadt Coburgs mit den vielen erhaltenen und mittlerweile erfolgreich sanierten Gebäuden reicht aus, um bis heute ein bisschen Dankbarkeit zu verspüren für die weise Entscheidung eines Kommunalpolitikers.