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Durch das herbstliche Laub der Baumkronen scheint die Sonne. Sie marmoriert den Waldboden mit Moosen und Flechten, Baumstümpfen und Sandsteinen. Es singen ein paar Vögel, in der Ferne läutet die Kirchenglocke von Altenbanz. Sebastian Huth geht oft mit Menschen durch den Wald, die einen Ort für ihre Angehörigen oder für sich selbst suchen. „Oft sehen sie ein besonderes Licht oder einen Schmetterling, der sich niederlässt – dann haben sie ihren Platz gefunden“, sagt der Forstbetriebsleiter.
Der Naturfriedhof in Banz liegt in einem Wald voller Eichen und Hainbuchen. Der Ort strahlt Ruhe und Frieden aus, die Natur umhüllt die Lebenden wie die Toten. Hier sind die Urnengräber rund um alte, große Bäume gelegen, jedes mit einem kleinen Sandstein und einer Inschrift. „Jeder braucht einen konkreten Ort zum Trauern“, weiß Huth, der mit dem Friedhof auch zu dessen Leiter geworden ist. Hinter ihm laufen zwei ältere Frauen, ganz offensichtlich auf der Suche nach einem Grab. Er fragt, ob er helfen kann. Nein, sagen sie, mit einem Smartphone in der Hand auf dem der digitale Friedhofsplan angezeigt wird. Mit ein paar Klicks wird genau der Baum angezeigt, unter dem der Mensch begraben liegt, den die Trauernden suchen.
Die Beerdigungen finden meist auf dem Gedenkplatz statt. Hier stehen Bänke aus Eichen, die früher selbst im Wald standen. Vorne ist ein Taukreuz zu sehen. „Es ist aus einer alten, starken Eiche geschaffen, die in der Nähe von Kloster Banz einem Sommergewitter zum Opfer fiel. Jetzt hat sie eine neue Verwendung auf dem Naturfriedhof gefunden und lebt weiter, indem sie Trost spendet“, sagt Huth. Hier können alle um ihre Verstorbenen trauern. Die Zeremonie wird entweder von einem Pfarrer oder einen Pfarrerin gehalten oder auch von einem Trauerredner oder schlicht im Kreis der Familie.
Manchmal ist es eine kleine Runde von fünf Personen, die den Verstorbenen begleitet, manchmal kommen auch 200. Manchmal dauert eine Gedenkfeier zehn Minuten ein andermal eineinhalb Stunden. Unter dem Dach des Waldes gibt es viele Freiheiten. Huth merkt, dass zu ihm mehr Familien kommen, die einen Angehörigen in der Mitte des Lebens zu Grabe tragen. Und er erlebt, dass immer mehr Menschen sich selbst um ihren letzten Ruheort kümmern wollen. Sie können sich heute schon ihren Platz aussuchen, er wird ihnen bis zu 40 Jahre lang reserviert.
Zwischen den Grabbäumen gibt es immer wieder Waldbereiche, in denen von unten frisches Grün nachwächst – und die wie ein Vorhang die unterschiedlichen Bereiche abgrenzen. Überall stehen Bänke, auf denen die Trauernden sich mit einer Thermoskanne Kaff e und einem Stück Kuchen zu ihren Liebsten setzen. Für den Trauercafé nach der Beisetzung bietet Huth seinen neuen Gedenksaal an, innen aus Fichte, außen aus Lärche, im Grundriss der Form einer Bischofsmütze nachempfunden. Ein kleiner Ofen spendet Wärme, große Fenster holen den Wald nach innen. „Die Leute mögen es schlicht – sie haben sich ja auch bewusst für den Wald entschieden“, sagt Huth.
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