Zwa im Brötla #71

Der Schadt-Komplex, ein B-Promi packt zamm“ – so heißt das aktuelle Programm von Andreas Leopold Schadt und dem Autoren Roland Spranger. Es erzählt mit der nötigen Unernsthaftigkeit aus dem Leben eines ehemaligen Tatort-Kommissars, der die Dinge nicht anders sieht, sondern genau so, wie sie sind. Wie sie sich die Menschen nur vage vorstellen können. Begleiten Sie einen B-Promi durch den Sumpf des wirklichen Lebens.

Du hast die Haare schön…

Als Kriminal-Kommissar Fleischer im Franken-Tatort hatte ich unterschiedliche Frisuren. Straff zurückgegelt oder eher lockig mit Knarre oder mit Undercut vor dem PC-Monitor. Zu meiner Frau sagte ich früher immer: „Wenn du dir einen rasierten Bob machen lässt, lass ich mich scheiden.“ Und dann hat sie es umgehend gemacht, also machen lassen, den rasierten Bob. Und ich hab das mit der Scheidung nicht durchgezogen. Ich sag’s gleich, bevor der Erste fragt. Oder googelt.

Oh sorry. Sind hoffentlich nicht zu viele rasierte Bob-Trägerinnen unter den Leserinnen. Auf keinen Fall wollte ich Grenzen überschreiten. Echt. Ich bin sonst sehr empathiefähig. Ich bin selbst traumatisiert. Als Mann lässt du dir einen Bob nicht freiwillig machen, sondern vor einer OP, wegen eines Unfalls oder wegen einer Wette. Es gab einen TATORT-Dreh, an dem ich mit der anderen fränkischen Kommissarin in die Kiste durfte. Also der weiblich gelesenen Person in der indigenen Bevölkerung. Genau wie ich zuständig für fränkische Dialekt-Atmo, aber immerhin auch für attraktives Aussehen.Die Chef-Ermittler sind vom Norden nach Nürnberg strafversetzt, damit die mundartlosen Bundesbürger nicht mit zu viel Dialekt malträtiert werden. In Österreich ziehen sie Sprache und Eigenarten durch, aber in Deutschland ist man halt achtsam.

Natürlich spielte das Techtelmechtel mit meiner Kollegin nie mehr eine Rolle in den folgenden Drehbüchern. Vielleicht war der Fleischer auch nicht ganz so erfolgreich beim Liebesspiel. Immerhin hatte sie ihren BH noch an. Wahrscheinlich waren die ganzen Redakteure und Drehbuchautoren mit was anderem beschäftigt, oder mit sich selbst. Ich hatte die Szene freilich abgespeichert, und immer gehofft, dass sie mal fortgesetzt wird. Sex-Szenen kommen sonst in meinem Lebenslauf nicht so oft vor. Da gibt’s gar nichts zu lachen. Also ich komm zu dem Filmdreh, bei dem ich mit der Kollegin… Sie wissen schon. Sex-Szenen sind für die Schauspieler superpeinlich, obwohl man eigentlich nichts sieht … also in Nahaufnahme oder in Super-Zeitlupe oder so.

Keine Pickel am Arsch. Plötzlich brüllt der Regisseur: „Der hat viel zu lange Haare. Der ist viel zu präsent. Der schaut ja aus wie ein Hauptdarsteller.“ Woooo, das mit dem Hauptdarsteller hätte nicht sein müssen. Und sofort hieß es: Die Haare müssen ab. Bei der Szene im Bett hatte ich die Haare noch lang. Und dann begann die Demütigung. Als Schauspieler bist du allen Irren, die es in die Filmbranche geschafft haben, komplett ausgeliefert.

Am nächsten Drehtag musste ich gleich ins Maskenmobil. Ich setz mich da rein und wir reden ganz nett, aber mir fällt schon gleich auf, dass die Maskenbildnerin die Hand so unnatürlich hinter ihren Rücken hält. Da hat sie nämlich ihre Gartenschere versteckt. Mit einer geschmeidigen Bewegung ist die Dame hinter mir und fängt an zu schneiden. Hratsch. Hratsch. Hratsch.

Und ich denk so: Puuuh, so viel Haar hab ich gar nicht, wie die mir hinten wegschneidet. Und es macht immer noch: Hratsch. Hratsch. Hratsch. Als ich nach Hause kam, hat mich meine Frau gefragt, ob ich unter die Bobber gegangen sei. ICH. Alter Schwermetaller. Ich hör einmal am Tag Reign In Blood von Slayer rückwärts, damit ich die ganzen satanischen Frisuranspielungen mitkriege. Dafür hab ich extra meinen Schallplattenspieler umbauen lassen. Mit der neuen fiesen Friese hab ich mich wochenlang in Schaufensterscheiben für einen Bekannten gehalten, den ich grüßen muss. Ein paar Mal wäre ich beinahe überfahren worden, als ich bei meinem Anblick die Straßenseite wechseln wollte. Und das Schlimme ist, dass der BR während meines unfreiwilligen Bobber-Modus die Autogrammkarten upgedatet hat. Zum Glück hatte die Dame im Maskenmobil auch alle anderen Kollegen verunstaltet. Sämtliche Ermittler im neuen Gartenscheren-Look. Und zum Glück fanden die Hauptdarsteller ihre Frisur nicht so prickelnd. Deshalb gab’s bereits im nächsten Jahr eine neue Auflage der Autogrammkarten.

Das mit der Frisur war echt nervig. Natürlich hat mich jeder darauf angesprochen, warum ich mir nach dem unterbrochenen Sex mit Wanda die Haare schneiden ließ. Die meisten anderen Betroffenen rauchen einfach eine E-Zigarette danach.