Saint Gobain

Coburger Unternehmen #17

Saint-Gobain

Das Annawerk lebt weiter

Saint-Gobain – das ist ein internationaler Riese. Ein französischer Konzern mit etwa 180000 Mitarbeitern. Saint-Gobain – das ist ein Dinosaurier, über 350 Jahre alt. Saint-Gobain, das ist ein Global Player – mit Niederlassungen in fast 70 Ländern der Welt. Eine davon befindet sich in Rödental. Seit Ende 1998, als der in Paris gegründete Gigant das dort angesiedelte oberfränkische Traditionsunternehmen Annawerk übernahm.

Das Annawerk – noch heute bekommen nicht nur ältere Rödentaler feuchte Augen bei diesem Namen, noch mehr die Oeslauer. In ihrem Stadtteil der so jungen Stadt nämlich hat der keramische Betrieb sein Zuhause. Und Generationen an Oeslauern und anderen heutigen Rödentalern, Coburgern, Neustadtern haben hier gearbeitet. 1868 wurde das Werk nach Anna Geith benannt, der ersten, früh verstorbenen Frau von Firmengründer Rudoph Geith. Der hatte im Juli 1857 von der damaligen Coburger Landesregierung unter Herzog Ernst dem Zweiten die Genehmigung bekommen, eine Brennerei zu errichten. Er tat das eben im damaligen kleinen Örtchen Oeslau.

Dort sollte später die Bahnstrecke Coburg-Sonneberg vorbeiführen, dort in der Nähe gab es Tongruben. Der ideale Ort also für seine „Thonwaarenfabrik“, so der ursprüngliche Name, die schnell die Arbeit aufnahm und die im Laufe der weiteren Jahre und Jahrzehnte alles lieferte, was man aus Ton und Kalk so brennen kann. Backsteine, Schamotte, Ziegel, Sanitärprodukte und vieles mehr. Auch das Coburger Gaswerk profitierte wie geplant, Geith war dessen Pächter. Das alles war viel Arbeit, zu viel vielleicht? Das freilich ist Spekulation, aber Geith selbst stirbt auch schon selbst für damalige Verhältnisse relativ frühzeitig im Alter von 62, 18 Jahre nach dem Tod seiner Frau. Das mittlerweile renommierte Unternehmen aber bleibt im Familienbesitz: Geiths zweite Frau und sein Sohn übernehmen die Verantwortung. Das Annawerk wächst über 350 Beschäftigte Anfang des 20. Jahrhunderts auf 900 im Jahr 1937, nachdem zwei auswärtige Unternehmen aus Mannheim und Frechen die Mehrheit an der damaligen Annawerk AG übernommen hatten. Und obwohl man im zweiten Weltkrieg kriegswichtige Produkte herstellt, kommt das Werk in der Endphase des Krieges nahezu unbeschadet davon.

So setzt sich auch nach dem Krieg die Erfolgsgeschichte fort bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sechs Fabriken stehen mittlerweile in Oeslau, sie verfügen über 100 000 Quadratmeter Produktionsfläche und bis zu 1000 Mitarbeiter. Die Bedeutung für die Region ist immens, Oeslau selbst hat selbst nur etwas über 4000 Einwohner, als man 1971 gemeinsam mit anderen Gemeinden ein Teil der neuen Stadt Rödental wird. Auch wenn das mit der Stadtgründung sicher nichts zu tun hat, so langsam aber geht es bergab mit dem Annawerk: Die Baukeramikwerke werden geschlossen, das Unternehmen ist als GmbH mittlerweile eine Tochtergesellschaft der Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG und wird als solche 1998 an eine Tochtergesellschaft des heutigen Eigentümers Saint-Gobain verkauft. Kurz danach ist mit dem Annawerk Schluss: Das Unternehmen erhält den heutigen Namen Saint-Gobain IndustrieKeramik Rödental GmbH. Von ehemals 1000 Mitarbeitern sind da gerade noch 340 in Oeslau tätig.
Der Verkauf ist aber wohl die Rettung des traditionsreichen Unternehmens, auch ohne den Namen, der so sehr mit der Geschichte Oeslaus verbunden ist. Es wächst wieder auf über 700 Mitarbeiter und beschäftigt heute immerhin noch etwa 500, nachdem man seit 2014 keine Rußpartikelfilter für Dieselmotoren mehr produziert. 200 Arbeitnehmer haben damals ihren Job verloren.

Heute brennt man in Oeslau Hochleistungskeramik für die Geschirrporzellanindustrie, elektrokeramische Industrie, Baukeramik und Sanitärindustrie. Und auch wenn viele der alten Gebäude mittlerweile dem Abrissbagger zum Opfer gefallen sind, wird auch bald die Anna wieder zum Leben erweckt: Wenn nämlich noch in diesem Jahr der Annapark eröffnet wird, das Einkaufszentrum der Rödentaler in der Innenstadt.

Saint-Gobain IndustrieKeramik Rödental GmbH

Gründung: 2000/ Anfänge 1665 (Saint-Gobain) bzw. 1857 (Annawerk)
Sitz: Rödental
Leitung: Richard T.Utzschneider, GF
Mitarbeiter: ca. 500
Branche: Keramische Industrie
Website: www.saint-gobain.de

 

Autor: Wolfram Hegen

Bildquelle: Julez

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