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Der Vater des Euro Prof. Dr. Otmar Issing zu Gast beim Wirtschaftstag der Sparkasse Coburg – Lichtenfels
Er ist seit Jahrzehnten einer der absoluten Top-Ökonomen in Europa: Prof. Otmar Issing. Der geborene Würzburger war lange Zeit Chefvolkswirt und Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank EZB und gilt als Vater des Euro. Heute ist er Präsident des Center for Financial Studies, Vorsitzender des Kuratoriums der Gesellschaft für Kapitalmarktforschung und des House of Finance an der GoetheUniversität Frankfurt. Damit ist Otmar Issing heute also vor allem eines: das wissenschaftliche Gewissen der europäischen Finanzwelt.
Verbrennen wir unseren Wohlstand?
Gespräch mit Prof. Otmar Issing beim Online-Wirtschaftstag der Sparkasse Coburg – Lichtenfels.
GEMEINSAME SCHULDEN?
„Die Europäische Union und noch mehr die Länder der Europäischen Währungsunion sind ja nicht in einem Staat miteinander verbunden, sondern sie sind in ihrer Finanzpolitik in vielen Bereichen nach wie vor souverän. Da kann es nicht angehen, dass das eine oder andere Land die Zügel schleifen lässt und die anderen müssen dann dafür geradestehen. Wenn ein Land in Schwierigkeiten gerät, dann ist es an der Staatengemeinschaft, dem Land zu helfen oder nicht, aber nicht die Aufgabe der Notenbank, diese Rolle zu übernehmen. Das politisiert die Notenbank, und das ist für mich ein fast unerträglicher Gedanke.“
NIEDRIGE ZINSEN?
Nach der Finanzmarktkrise 2007/2008 war es notwendig die Wirtschaft zu stabilisieren, die Zinsen zu senken. Das war richtig. Kaum war diese Krise halbwegs verdaut, kam die Pandemie. Auch in dieser Krise musste die Notenbank unterstützend tätig sein. Aber aus dem Krisenmodus muss die Notenbank, also die EZB, auch wieder mal rauskommen. Es gibt für mich keinen Grund, dass die Geldpolitik ihren sehr expansiven Kurs weiterfährt.“
CORONA UND DIE KOSTEN?
„Also das kann man nach Heller und Pfennig erst ausrechnen, wenn die Pandemie ganz vorbei ist und die ganzen Hilfsmaßnahmen zu Ende gehen. Da ist das Geld richtig investiert worden, zwar nicht überall, aber dafür will ich die Regierung gar nicht kritisieren. Das alles wasserdicht zu machen, das geht auf die Schnelle gar nicht. Mich stört, dass wir einen Finanzminister hatten, der jetzt Bundeskanzler wird, der gesagt hat: Kein Problem, das Geld ist da. Also solche Worte aus dem Munde eines Finanzministers sind sehr ungewöhnlich. Ein Finanzminister soll eigentlich eher darauf schauen, dass das Geld zusammengehalten wird.“
KRISE ALS CHANCE?
„Die Pandemie hat offenbart, dass wir Deutsche, die sich so viel einbilden, dass alles regelmäßig läuft, dass wir technisch perfekt sind in der öffentlichen Verwaltung, dass wir Deutsche dann plötzlich Zustände hatten, dass wir mit Faxgeräten arbeiten, oder wenn man beim Impfen war, wie viele Zettel da ausgefüllt werden mussten per Hand. Das ist in einem solchen Industrieland wie Deutschland im Grunde unvorstellbar. Oder dass unsere Hauptstadt nicht mal in der Lage ist, eine Wahl richtig durchzuführen. Mich haben z. B. Kollegen aus England angerufen, die gesagt haben, was ist denn mit euch los? Die Chance ist, dass man jetzt gesehen hat, wie weit wir hinten dran sind. An der Erkenntnis glaube ich liegt es jetzt nicht mehr, jetzt geht es darum, das umzusetzen. Das heißt, Deutschland hat die Chance, sich wirklich zu reformieren, auf Vordermann zu bringen, und ich bin da auch optimistisch – bedingt optimistisch.“
DEUTSCHE SCHULDEN?
„Auf den ersten Blick steht Deutschland gut da. Die ausgewiesene Staatsschuld ist bei uns von 60% des Sozialprodukts jetzt wieder auf etwas über 70% gestiegen. Italien liegt bei 160, Frankreich bei 120. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn die sogenannte versteckte Staatsschuld ist um ein Vielfaches höher. Ich meine damit die ganzen Verpflichtungen, die vor allem aus dem Rentensystem kommen. Die sind ein Mehrfaches der ausgewiesenen Staatsschuld. Das heißt, die dicke Rechnung kommt auf Deutschland erst noch zu. Wenn die Rentenverpflichtungen so weitergehen wie im Moment, benötigt man in 30 Jahren die Hälfte des Bundeshaushaltes, um das Loch in der Rentenkasse zu decken. Gleichzeitig will man den Klimawandel bekämpfen.
Also man muss den Bürgern reinen Wein einschenken, die Bürger sind ja nicht dumm, die begreifen das, man muss es ihnen nur richtig erklären und darlegen, dass das jetzt dringend angegangen werden muss. Auf der anderen Seite ist die Vorstellung, dass der Staat seine Schulden zurückbezahlt, ökonomisch gesehen falsch. Nötig ist, dass man den Schuldenstand so begrenzt, dass man die Tilgungs- und Zinszahlungen vernünftig leisten kann.“
DER EURO?
„Der Euro hat sich zunächst als große Erfolgsgeschichte erwiesen. Die Financial Times hatte vorher schon alle möglichen Szenarien an die Wand gemalt. Was da alles passieren wird. Nichts davon hat sich bewahrheitet. Die Preissteigerungsrate in den 20 Jahren Euro ist deutlich niedriger als die jährliche durchschnittliche Preissteigerungsrate in den 50 Jahren D-Mark. Oder wenn man an die früheren Wechselkursrisiken denkt, 1992/93 ist die italienische Lira in wenigen Tagen um 30% gegenüber der D-Mark gefallen. Das hat Teile der deutschen Exportwirtschaft an den Rand des Ruins getrieben. Diese Probleme sind mit dem Euro verschwunden, das darf man nicht vergessen. Jetzt aber sind wir konfrontiert mit einer Situation, die sich dramatisch zuspitzt, in der nicht zuletzt im Zuge der Coronakrise sich schon hochverschuldete Staaten noch weiter verschuldet haben. Der Ausstieg aus dieser hoch brisanten Situation ist extrem schwierig.“
WIEVIEL INFLATION?
„Das 2%-Ziel der Europäischen Zentralbank geht ja auf meinen Vorschlag an den Rat im Oktober 1998 zurück. Eine Zeitlang war die EZB unzufrieden über die zu niedrige Inflationsrate. Ich habe diese Sorge nie recht verstanden. Für mich ist ein Zustand von 1% Inflation etwas sehr Positives. Jetzt ist die Inflationsrate plötzlich hochgeschnellt und die Bundesbank rechnet ja damit, dass man bis Ende des Jahres in Deutschland sogar an die 6% Marke kommen kann. Das ist ein weltweites Phänomen, und die Einschätzung der Notenbanken, dass das nur vorübergehend ist, klingt mir allzu sorglos. Es gibt eine Reihe von Sonderfaktoren in Deutschland, wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Beginn des Jahres um 3 Prozentpunkte. Dieser Effekt verschwindet einfach und trägt ein ganzes Stück zum Rückgang der Inflationsrate bei.
Die Energiepreise sind abrupt gestiegen. Wir sehen es beim Tanken, das sind erschreckende Zahlen. Es ist damit zu rechnen, dass dieser starke Anstieg zurück geht, aber man mache sich nichts vor: Der Trend geht in die andere Richtung, in die Richtung höherer Inflation. Die Energiepreise müssen steigen, das ist ja Absicht bei der Bekämpfung des Klimawandels, und außerdem sucht man weltweit händeringend Arbeitskräfte. Das heißt von daher wird es Lohndruck geben. Ich rechne jetzt nicht mit einer großen Lohnpreisspirale, die plötzlich ausbricht, aber die Tendenz geht in die Richtung und deswegen ist mir die Interpretation der EZB allzu sorglos. Aber ich bin weit davon entfernt zu sagen, das wird eine Hyperinflation. Das wird nicht passieren. Diese Besorgnis ist in Deutschland hin und wieder zu spüren, da spiegelt sich eben die Geschichte mit zwei Währungsreformen in relativ kurzer Zeit wider. Das steckt in Deutschland tief in den Knochen.“
UND DIE ZUKUNFT?
„Ich bin ja noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geboren, habe noch erlebt, wie meine Heimatstadt Würzburg zerstört wurde. Nach dem Zusammenbruch ging es immer weiter aufwärts. Jetzt gilt es, Deutschland für die Zukunft fit zu machen. Man sollte aber über allen Schwierigkeiten nicht die großen Errungenschaften übersehen. Die jungen Menschen können heute überall hinreisen, sie können überall studieren, wo sie studieren wollen. Die Welt steht den jungen Leuten offen.
Es kommt noch hinzu, dass mit der Alterung der Deutschen ein Arbeitskräftemangel und damit hoher Bedarf an jungen gut ausgebildeten Leuten besteht. Sie müssen ihre Chancen nutzen. Trübsal zu blasen ist nicht angesagt.“
„Die Verunsicherungen aktuell sind natürlich groß. Einen sicheren Zins, mit dem man einen planbaren Ertrag erwirtschaften kann, gibt es heute nicht mehr. Aktuell gehen daher viele Kunden von verzinsten Festpapieren weg in Richtung anderer Anlagen. Es gibt Alternativen, aber die sind von Anleger zu Anleger unterschiedlich. Unsere Aufgabe ist es, die passende Anlage zu finden.“
„Unser 200-jähriges Jubiläum als Unternehmen in diesem Jahr war etwas Besonderes. Seit 1821 hat die Sparkasse viele Krisenzeiten überstanden, auch diese Zeit werden wir bewältigen – als Partner vor Ort mit Nähe zu den Kunden und mit maßgeschneiderten Lösungen.“
Dr. Martin Faber, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Coburg – Lichtenfels