„Ich würde es wieder so machen.“
Vor gut einem Jahr, im Oktober 2023, zog sich Michael C. Busch, langjähriger Kommunalpolitiker, ehemaliger Landrat des Landkreises Coburg und Landtagsabgeordneter, überraschend aus der Politik zurück. Gelegenheit für einen ganz persönlichen Rückblick, eine private Bestandsaufnahme und einen ganz eigenen Blick auf die Zukunft. Der COBURGER hat sich mit ihm unterhalten.
COBURGER: Ganz schlicht gefragt: Was macht eigentlich Michael C. Busch jetzt, ziemlich genau ein Jahr nach dem Ausstieg aus der Politik – langweilen Sie sich?
Michael C. Busch: Langweilig ist es ganz bestimmt nicht. Die ersten Wochen nach dem Ausstieg waren allerdings ungewöhnlich. Man hatte sich über die Jahre einen festen Rhythmus angewöhnt, und plötzlich war dieser Alltag weg. Auch die vielen Begegnungen mit Menschen, die regelmäßigen Kontakte – das alles ist weniger geworden. Aber ich habe schnell eine neue Aufgabe gefunden: Ich unterstütze jetzt meine Frau in ihrer Firma, was mich gut ausfüllt. Dazu bin ich in einigen Vereinen aktiv geblieben. Das hilft, sich die Zeit zu strukturieren und weiterhin Teil einer Gemeinschaft zu sein. Es ist ein angenehmes Gefühl, nicht mehr in der Politik zu stehen, und ich genieße es, etwas völlig Neues zu machen. Also nein, langweilig wird es mir wirklich nicht.
COBURGER: Sie waren 40 Jahre in der Politik, ein streitbarer Geist, jemand, der gern öffentlich Position bezogen hat, waren ein Mensch, der nicht ungern im Rampenlicht stand. Fehlt diese Öffentlichkeit?
Michael C. Busch: Die ersten Wochen nach dem Ausstieg war es tatsächlich ein Thema für mich. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich hätte das Rampenlicht und die Begegnungen nicht vermisst. Aber ich habe mich relativ schnell daran gewöhnt. Gerade weil die letzten Jahre in der Politik zunehmend anstrengender und weniger erfüllend wurden, fiel es mir nicht schwer, loszulassen. Ich hatte einen klaren Plan für meinen Ausstieg und bin zufrieden damit. Wenn ich noch Landrat gewesen wäre, hätte ich den Übergang wahrscheinlich als schwieriger empfunden. Da wäre das Gefühl, aus einer sehr präsenten und verantwortungsvollen Rolle herauszutreten, wohl stärker gewesen. So war es ein bewusster Schritt in eine neue Lebensphase, und das macht es leichter. Natürlich fehlen einem die vielen Gespräche, die Begegnungen und die Dynamik des politischen Alltags. Aber ich habe gelernt, die Vorteile meiner neuen Freiheit zu schätzen, auch wenn der Übergang nicht von heute auf morgen perfekt war.
COBURGER: Ihre Frau verkauft lebensechte Puppen und Zubehör dazu. Vereinfacht gesagt, Sie sind jetzt in der Puppenbranche aktiv, oder?
Michael C. Busch: Ich bin Fahrer, insbesondere wenn es zu Messen oder nach Heilbronn geht, wo die Firma ihren Sitz hat. Gerade erst sind wir innerhalb Heilbronns umgezogen, was ein riesiger Aufwand war. Wir haben das mit drei Mitarbeiterinnen selbst gestemmt – das gesamte Lager, das komplette Büro, alles musste transportiert werden. Parallel dazu gab es noch zwei Messen, auf denen wir vertreten waren. Abgesehen davon helfe ich meiner Frau bei schwierigen Verhandlungen, kümmere mich um die Kommunikation mit Behörden und Versanddienstleistern – ein Bereich, der heutzutage viel komplexer ist, als man vielleicht denkt. Zollvorschriften, Banken, internationale Bestellungen – das sind alles Themen, bei denen ich unterstütze. Es handelt sich um einen internationalen Online-Handel, und meine Frau ist der größte Anbieter in Europa. Wir verkaufen Zubehör weltweit, und ich springe überall ein, wo ich gebraucht werde. Man könnte sagen, ich bin der Mann für alle Fälle.
COBURGER: Haben Sie selbst einen Bezug zu Puppen oder ist das komplettes Neuland?
Michael C. Busch: Tatsächlich komme ich eher von der Teddy-Seite. Ich war Mitglied im Teddybärenverein in Weidhausen, der das Teddy und Puppenfest organisiert hat – zuerst in Rödental, später in Sonneberg. Dort war ich oft dabei, auch als Landrat von Coburg. Bei diesen Veranstaltungen haben wir uns kennengelernt – sie mit den Puppen, ich mit den Teddys. Ich war damals Sammler und habe auf den Festen immer nach neuen Teddys für meine Sammlung Ausschau gehalten. Irgendwann bin ich dann auf diese Reborn-Puppen gestoßen, die wie echte Kinder aussehen. Das war ein völlig neuer Begriff für mich, aber ich fand es faszinierend. Man könnte sagen, die Politik hat mich zur Puppenwelt gebracht.
COBURGER: Die Politik also liegt hinter Ihnen. War es die richtige Entscheidung, aufzuhören?
Michael C. Busch: Es war definitiv die richtige Entscheidung. Wenn ich heute die Politik verfolge, sei es im Fernsehen oder in der Zeitung, dann merke ich, wie froh ich bin, nicht mehr Teil davon zu sein. Gleichzeitig fällt es mir schwer, nicht mitzudenken – ich überlege oft, wie ich bestimmte Dinge angegangen wäre oder warum Entscheidungen so getroffen werden, wie sie es werden. Aber ehrlich gesagt, ich versuche, mich davon zu distanzieren. Ich habe schon oft zu meiner Frau gesagt, dass ich eigentlich keine Nachrichten oder Talkshows mehr sehen möchte. Die Gründe für meinen Ausstieg sind nachlesbar: Ich habe 2022 erkannt, dass echte Zusammenarbeit zwischen den Parteien kaum noch möglich ist. Jede Partei und Fraktion verfolgt nur noch ihre eigenen Interessen, jeder möchte sich persönlich profilieren. Das führt zu einer zunehmenden Zersplitterung der politischen Landschaft und letztlich zu mehr Extremismus. Ich mache mir große Sorgen um den Zustand des Parlamentarismus. Es gibt kaum Ansätze, Strukturen oder Inhalte zu verändern, und die Ideologien der Parteien scheinen in Stein gemeißelt. Statt mutiger Reformen gibt es ein „Weiter so“, und das kann nicht gutgehen. Ich halte diesen Weg für gefährlich und sehe die Notwendigkeit, Politik neu zu denken – doch dafür bräuchte es einen echten Paradigmenwechsel, der derzeit nicht in Sicht ist.
COBURGER: Sie haben eben gesagt, es geht jedem nur noch um seine eigenen Interessen. Sie sind aber selbst sehr aktiv auf Plattformen wie Facebook. Wie passt das zusammen?
Michael C. Busch: Bis zu einem gewissen Punkt habe ich da sicher mitgespielt. Gerade als Landrat war es mir wichtig, im Gespräch zu sein und die Möglichkeiten sozialer Medien für meinen Landkreis zu nutzen. Man findet auf meiner Facebook-Seite unzählige Posts, in denen ich Vereine, lokale Veranstaltungen oder Unternehmen unterstütze und sichtbar mache. Es war für mich immer ein Geben und Nehmen. Natürlich wollte ich damit auch Reichweite erzielen, aber primär ging es mir darum, die Menschen und die Gemeinschaft vor Ort in den Vordergrund zu stellen. Bei vielen heutigen Politikern sehe ich das anders. Da steht oft nur die Selbstdarstellung im Mittelpunkt: Fotos mit hochrangigen Politikern oder inszenierte Auftritte, die wenig mit der Basisarbeit vor Ort zu tun haben. Es geht darum, sich einen Platz in der Hierarchie zu sichern oder für die nächste Wahl gut dazustehen. Als Kommunalpolitiker ist das anders – da bist du nah an den Menschen, bei Vereinen, in der Gemeinde. Diese Arbeit wird jedoch nicht selten geringgeschätzt, weil sie wenig glamourös ist. Ich wurde zum Beispiel kritisiert, weil ich als Landtagsabgeordneter zu selten in München war. Mir war es wichtiger, bei den Menschen in meinem Wahlkreis zu sein, als mich in der Landeshauptstadt in Szene zu setzen. Diese Denkweise zieht sich bei mir durch: Ich habe nie darum gebuhlt, Sprecherposten zu übernehmen oder mich besonders hervorzutun. Wenn ich ein Amt übernommen habe, dann aus Pflichtgefühl, nicht aus Ehrgeiz.
COBURGER: Sie sind durch die Jugendarbeit in die Politik gekommen. Wie war das damals?
Michael C. Busch: Die Jugendarbeit hat mich sehr geprägt. Angefangen habe ich im Sport, dann bei den Pfadfindern. Gemeinsam mit Wolfgang Blümel, einem CSU-Mitglied – ich selbst war SPDler – haben wir internationale Projekte organisiert. Es war uns wichtig, die deutsche Jugend wieder in einen positiven Dialog mit Europa zu bringen. 1973 waren wir in Südfrankreich. Dort wurden wir als Deutsche noch mit Skepsis betrachtet. Die Wunden des Krieges waren spürbar. Aber durch gemeinsame Projekte, Gespräche und Begegnungen haben wir eine Basis für Freundschaft geschaffen. Später, in den 1980er-Jahren, spürte man, dass diese Bemühungen Früchte trugen. In Ländern wie Frankreich, Luxemburg oder England wurden wir nicht mehr als „die Deutschen“ betrachtet, sondern als Freunde.
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