Essen und Trinken bei Luthers Zuhause
Spätestens beim Blick auf die derben Zitate und die ein ausgeprägtes Doppelkinn zeigenden Portraits des weltberühmten Reformators wird uns klar: Martin Luther war kein Kostverächter. Nicht beim Essen und auch nicht beim Trinken.
Bier gesünder als Wasser
Das Bier – und nicht nur jenes, welches seine Frau Katharina zuhause in Wittenberg selbst braute – war sein liebstes Getränk. Und er genoss reichlich davon, wie aus mittelalterlichen Quellen zu erfahren ist. Sicherlich schmeckte es ihm einfach, welcher Franke könnte das nicht nachvollziehen. Jedoch sei auch erwähnt, dass Bier damals im Vergleich zu Wasser auch der gesündere Durstlöscher war. Schließlich kam es keimfrei auf den Tisch. Was man vom täglichen Wasser im Steinkrug wahrlich nicht behaupten konnte, es sei denn es war Quellwasser. Sauberes Trinkwasser war keine Selbstverständlichkeit. Nicht überall gab es fließende Gewässer. Und auch Brunnenwasser, das ja auf den gleichen Grundwasserspiegel hinabreichte wie die Kloaken, war oft nicht zum Trinken geeignet. Nur ganz langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Versorgung mit trinkbarem Wasser eine kommunale Aufgabe war. Und so waren es gerade hierzulande die Bierbrauer, die dafür sorgten, dass frisches Quellwasser aus dem Umland durch hölzerne Leitungen in die Stadt floss. Den Biertrinker mag es freuen: Bier ist einfach gesünder als Wasser. Und so war es durchaus üblich, dass auch Kinder davon trinken durften.
Mehr Fleisch als heute
Gekocht wurde über offenem Feuer in Dreibeinpfannen. Da das Fleisch meist am Spieß gebraten wurde, gab es keinen Bratensud und somit auch keine Soße. Stattdessen reichte die Köchin aus Traubensaft oder Essig kreierte Soßen. Aber – was genau wurde denn überhaupt gegessen? Das spätmittelalterliche Fleischangebot war dem heutigen nicht unähnlich. Es kam Rind, Schwein, Huhn und Schaf auf den Tisch und auch der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch war mit bis zu 100 Kilogramm erstaunlicherweise sogar höher als heutzutage. Nebenbei wild gefangene Vögel nicht mitgerechnet. Einen gewaltigen Unterschied gibt es dennoch. Denn Fleisch war genauso wie Fisch, Eier und Käse nur eine Zuspeise. Das wichtigste Hauptnahrungsmittel war nämlich Getreide. Mehrmals täglich aßen die einfachen Leute einen dicken Getreidebrei, meist aus geschrotetem Roggen oder Dinkel. Während der Adel ein verbrieftes Recht auf weißes Brot besaß, musste die Bevölkerung auf schwarzes Roggenbrot zurückgreifen. Der tägliche Getreideverbrauch lag bei 500 Gramm in schlechten und bei bis zu 1,5 Kilogramm in guten Zeiten. Bemerkenswert, ist dies doch die fünffache Menge des heutigen Konsums. Gebacken wurde das Brot auf Pfannen über dem offenen Feuer – eine Art Fladenbrot.
„Trinken ohne Durst, Studieren ohne Lust, Beten ohne Innigkeit – sind verlorne arebeyt.“
Martin Luther
Das Besteck brachte man selbst mit
Auch wenn das berühmte Zitat „Warum rülpset und furzet ihr nicht…?“ wahrscheinlich gar nicht aus des Reformators Mund stammt, um die Tischmanieren zu Luthers Zeiten scheint es dennoch nicht gut bestellt gewesen zu sein. So erklärte der Verfasser des „Grobianus“ 1549: Was du im Mund gehabt hast, leg nicht aufs Geschirr zurück (…) und wirf keine Abfälle unter den Tisch. Wüst ging es da zu am Tisch, der oft nur eine auf Böcke gelegte Holzplatte war. Das Essbesteck war meist nur ein grober Löffel und den brachte der Gast zudem selbst mit. Fleisch und Gemüse servierte man auf Holztellern grob zerlegt. Und was nicht mundgerecht vorbereitet war, zerteilte man mit den Fingern.
Gewürze gegen den Gestank
Zu Luthers Zeiten stand außerdem pflanzliche Kost hoch im Kurs, denn Kohl, Rüben, Bohnen und Wildkräuter waren regionale Produkte die der eigene Garten lieferte. Und heimisches Obst wie Holunder, Pflaume und Weinrebe wurden roh, gebraten, gedörrt oder in Essig eingelegt genossen. Auch fielen spätmittelalterliche Köche durchaus schon durch intensives Würzen auf. Knoblauch, Kümmel und Salbei kamen dabei zum Einsatz, was auf der einen Seite die Speisen durch die ätherischen Öle haltbarer machte. Zum anderen fungierten die Kräuter als ausgleichende Nahrungsmittel zur Gesunderhaltung. Und manches Mal dienten sie auch zur Überlagerung eines nicht gewollten, ranzig-fauligen Geschmacks von Fleisch. Kühlschränke gab es ja noch nicht.
Am liebsten aber Fisch
Luthers Eheweib soll eine sehr gute Köchin gewesen sein. Sie hatte auch Zeit ihres Lebens eine Menge Gäste in ihrem Hause, dem „Schwarzen Kloster“, zu bewirten. Am liebsten gegessen hat der Kirchenmann eine eher ungewöhnliche, da nicht alltägliche Speise: Gebratenen Salzhering mit Erbsschnee und Honigsenf. Wobei Frau Käthe bei diesem Gericht sicherlich kein zusätzliches Salz verwenden musste, waren die Heringe auf ihrem langen Weg von der Küste bis nach Sachsen doch in Salzfässern aufbewahrt worden und damit bestens konserviert und schmackhaft. Ein kluger Kopf ist er gewesen, dieser Martin Luther. Hat er doch dem Volk aufs Maul geschaut und nebenbei eine neue Kirche erfunden. Essenszeit im Hause Luther war immer auch Redezeit. Uns so saßen sie denn gemeinsam am Tische den neuen Herren, Familienangehörige genauso wie Freunde, Durchreisende und Studenten, lauschten seinen Ausführungen und diskutierten lebhaft mit. Über Gott und die neue Welt. Getreu Luthers Motto: Trinke was klar ist. Iss, was gar ist. Sag, was wahr ist.