Der Verein „EinDollarBrille“ hilft Menschen weltweit zu besserem Sehen
Lesen lernen, auf dem Feld arbeiten, Gemüse putzen oder Kleidung nähen: Ohne gutes und scharfes Sehen lassen sich viele Arbeiten nur schwer oder gar nicht ausüben. Doch in vielen Ländern der Welt haben Menschen keinen Zugang zu einer augenoptischen Grundversorgung.
Eine Brille ist nicht erschwinglich. Der Verein „EinDollar- Brille“ hilft Menschen in aller Welt, gut zu sehen. Martin Aufmuth, ein Tüftler und Lehrer aus Erlangen, erkannte vor dreizehn Jahren das Problem und entwickelte eine Lösung, die nur wenig Geld kostet. Es handelt sich um eine Brille aus Federstahldraht. Die Materialkosten liegen bei etwa einem US-Dollar. Zwei Jahre später gründete Aufmuth den Verein „EinDollarBrille“,der inzwischen auf sieben Regionalgruppen in Deutschland gewachsen ist. Heike Hertrich ist für die Regionalgruppe Erlangen zuständig, die alle Städte und Gemeinden mit der Postleitzahl 9 umfasst, also auch Coburg und die Region. Hertrich arbeitet als Orthoptistin in einer Augenarzt-Praxis. Ein Patient berichtete über das Projekt „EinDollarBrille“. Sie wurde neugierig und informierte sich über den Verein und die Herstellung der Brillen, und wurde selbst aktiv.
Einfach, durchdacht und nachhaltig
Hertrich hat ein Exemplar mitgebracht. Die Brille sieht einfach aus, ist aber perfekt durchdacht. Die Sehhilfe besteht aus einem leichten und stabilen Federstahlrahmen. In dem Rahmen sind geschliffene Gläser aus bruchfestem Kunststoff eingesetzt. Die Stärke umfasst -10,0 bis +8,0 Dioptrien. Auch eckige Formen und Sonnenbrillen sind erhältlich. „Der Verkaufspreis entspricht etwa drei bis fünf Tageslöhnen“, erklärt Hertrich. Kinder bekommen die Brillen kostenlos. Das Konzept ist nachhaltig: Eine deutsche Firma sponsert den Biegedraht. Die geschliffenen Kunststoffgläser bezieht der Verein aus China. „EinDollarBrille“ liefert das Material – Gläser, Draht, Schrumpfschlauch und Zierperlen – in die Länder. Eine Biegemaschine, die ohne Strom arbeitet, geht ebenfalls mit auf die Reise. Der Verein bildet Techniker und Optiker vor Ort aus. Diese führen Sehtests durch, biegen die Brillen und setzen die Gläser ein. „Auch Menschen mit Behinderungen arbeiten mit. Sie würden sonst keine Beschäftigung finden“, sagt Hertrich.
Der Verein unterstützt Menschen in vielen südamerikanischen Ländern, in Teilen Afrikas und Indien mit Sehhilfen. Durch Kampagnen in den Schulen und vor Ort erfahren die Menschen von den Sehtests. Das Beste: Nachdem die Sehschärfe bestimmt ist, können Menschen ihre Brille sofort nach Hause mitnehmen. „Der schönste Moment ist es, wenn die Leute durch die Brille klarsehen“ Heike Hertrich, Leiterin der Regionalgruppe Erlangen Es sind rührende Geschichten, die Mitarbeiter des Vereins erleben: Eine Näherin, die 35 Leute ernährt und dank der Brille wieder Fäden durch das Nadelöhr einfädeln kann. Der Blechschmied, der keine filigranen Arbeiten mehr verrichten konnte, bevor er die Sehhilfe erhielt. Der Bauer, der mit Raspel und Messer seine Ernte schält, um seine zehn Kinder zu ernähren. Er kann genauer arbeiten, weil er nun deutlich sieht. Oder der junge Mann, der blind ist und als Brillenbieger eine Anstellung gefunden hat. Mit dem Verdienst ernährt er nun seine Familie.
Der Verein hat bisher weltweit über eine halbe Million Brillen ausgegeben. Die meisten Menschen hätten sich nie eine Brille leisten können. Die Nachfrage nach augenoptischer Grundversorgung ist hoch. Der Verein wächst und freut sich über Unterstützung.
Heike Hertrich hilft seit 2005 beim Verein „EinDollarBrille“. Sie engagiert sich ehrenamtlich. Die Orthoptistin ist spezialisiert auf die Diagnose und Behandlung von bestimmten Sehstörungen. Durch ihre berufliche Erfahrung weiß sie, wie schwierig es sein kann, sich in der Schule oder in der Erwerbstätigkeit zurechtzufinden, wenn man nicht richtig sieht.
In den Ländern, in denen der Verein „EinDollarBrille“ tätig ist, ist es teilweise unmöglich, eine adäquate Augenversorgung zu gewährleisten. Der Verein versucht, durch Kampagnen in Schulen oder in der Bevölkerung ein wenig Abhilfe zu schaffen. Er hilft den Menschen, einer Ausbildung oder Arbeit nachzugehen.
Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO aus dem Jahr 2019 benötigen rund 950 Millionen Menschen eine Brille. Viele können sich eine Sehhilfe nicht leisten oder haben keinen Zugang zu augenoptischer Versorgung. Die Folgen sind, dass Kinder in der Schule dem Schulunterricht nicht folgen können. Erwachsene haben es schwer, eine qualifizierte Arbeit zu finden, um ihre Familien zu versorgen (EinDollarBrille e. V.)