Geschichte auf einen Atemzug #3

Keller in Burgkunstadt

Die Keller unter dem Burgkunstadter Marktplatz sind hunderte von Jahren alt – und sie dienten ganz unterschiedlichen Zwecken. Im Köhler-Keller sind alle diese Funktionen an einem Ort zu sehen.

Dieser Keller steht für alle Keller in der Oberstadt, er vereint die Funktionen der Keller in den vergangenen Jahrhunderten. „Der Marktplatz in Burgkunstadt liegt auf einem Schweizer Käse“, lacht Rudi Fetzer. Er hat ihn längst verlassen und ist den Keller der Familie Köhler hinabgestiegen. Fetzer war Rektor der Schule, ist so etwas wie der Stadtgeschichtsforscher – und bietet mindestens zweimal im Jahr eine Führung durch die Burgkunstadter Unterwelt an.

Verbindungen: Schmale, niedrige Gänge verbinden die Keller untereinander.

Wenn oberirdisch Straßen, Fassaden oder Dächer erneuert werden, bleibt hier unten alles wie es war. 600 Jahre Burgkunstadter Geschichte auf einen Atemzug. Vielleicht sind es auch noch ein paar hundert Jahre mehr, wer weiß das schon genau. Im Jahr 1400 erhielten 48 Burgkunstadter Häuser der Oberstadt vom Bamberger Bischof ein Braurecht verliehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurden die Keller notwendig.

Haken: Wofür diese Eisenhaken im hintersten Teil des Kellers gedacht waren, ist noch ein Rätsel. Geschichten dazu gäbe es …

Die Keller sind wenigstens so tief wie die Häuser hoch. Fetzer schätzt den Köhler-Keller auf sieben bis zehn Meter – und bis zu 30 Meter ist er in den Berg geschlagen. Über der Erde lässt sich leichter messen. Deutlich ist der Übergang vom Sandstein in den darunter liegenden Keuper zu sehen. Nach drei bis vier Metern Sandstein liegt der leichter auszuhöhlende Keuper darunter. Ganz deutlich ist zu sehen, dass hier Eimer für Eimer der Berg ausgehöhlt wurde und zwar von Hand.

Dicht an dicht: Wie die Häuser Mauer an Mauer stehen, so liegen darunter auch die Keller – nur dass sie früher miteinander verbunden waren.

Nach einem ganz stattlichen Gewölbe, das wie ein Vorraum zu den dahinter liegenden Kellern wirkt, liegt ein Kellerraum, noch vollständig in Sandstein gehauen. „Das war der Vorratsraum für Kartoffeln und Rüben“, sagt Fetzer. Bei konstant acht bis zehn Grad Celsius waren die Keller ganzjährig ein natürlicher Kühlschrank. „Da treibt keine Kartoffel aus“, sagt Fetzer. Den Keller brauchten die Burgkunstadter auch für ihr Bier – als kühlen und sicheren Lagerort. Für Bier zog man schon mal mit der Bürgerwehr in den Nachbarort und zerstörte dort Braukessel, Sudpfanne oder zerschlug die Fässer. Wer Braurecht hatte, hatte eine Einkommensquelle. Die gab der Bischof den Burgkunstadtern, damit sie die Außengrenze zum protestantischen Kulmbacher Land verteidigten. In bis zu 33 Orten um die Stadt herum durfte zu offiziellen Anlässen wie Hochzeiten oder Kirchweihen nur das Burgkunstadter Bier ausgeschenkt werden. Die 48 Brauer aus der Oberstadt hatten ein Biermonopol, das sie zu verteidigen wussten. Das Bier für die Feste in der Region kam aus Kellern wie diesem.

Kühlraum: Hier lagerten die Fässer, in denen das Bier reifte.

„Die Bierträger, meist Frauen, mussten das Bier vom Brauhaus zwei, drei Stockwerke tief in die Keller tragen und hier zum Lagern in die Fässer schütten“, sagt Fetzer. Von den Fässern ist nichts mehr zu sehen. Doch die Lager aus Stein sind im hintersten und tiefsten Keller noch erhalten. Hier ist noch das gleiche Klima wie zu Kriegszeiten 1430, 1525, 1553 oder während der 30-jährigen Krieges. „Damals wurde die Oberstadt wiederholt in Schutt und Asche gelegt. Die Menschen mussten also nicht nur ihre Nahrung und das kostbare Bier in Sicherheit bringen, sondern vor allem sich selbst“, erzählt Fetzer. Dafür wurden die Keller mit schmalen niedrigen Gängen miteinander verbunden. Im Köhler-Keller kann man das noch deutlich sehen. Auch weil der Besitzer Hermann Köhler zu Lebzeiten von der „positiven Neugier“ getrieben war, herauszufinden, was unter seinem Haus alles geschah. Er hat Gänge wieder frei gelegt, ist selbst tief in den Berg gekrabbelt.

Luft: Durch solche Löcher strömte Frischluft in die Keller.

Seine letzte Neugier galt dem Tunnel, den es möglicherweise zwischen der Oberstadt und der Unterstadt gegeben haben könnte. Bei Bauarbeiten an der Kulmbacher Straße hat man den unteren Teil gefunden. Der obere könnte in Köhlers Keller geendet haben. „Eine Verbindung zur Mühle und damit zu Nahrung würde schon Sinn machen“, lässt ich Fetzer auf die Gedankenspiele ein. Ein paar rostige Haken hat Köhler ganz hinten in seinem Keller gefunden. Nach Rücksprache mit der Denkmalpflege sollten sie in jedem Fall erhalten bleiben. Fetzer hat für sie eine Erklärung. Während die Gerichtsbarkeit für die Unterstadt und die umliegenden Orte beim Vogt lag, hatte die Oberstadt eine eigene. „Es könnte also sein, dass an Markttagen ein Betrüger hier aus dem Verkehr gezogen wurde und erst abends wieder freigelassen wurde.“

Geschichte und Geschichten: Rudi Fetzer führt immer wieder Gruppen durch die Burgkunstadter Keller.

Sind Sie an einer Führung interessiert?
Führungen von Rudi Fetzer und Karl Heinz Goldfuß dauern rund zwei Stunden und enden mit einer Einkehr. Die aktuellen Termine sind unter www.burgkunstadt.eu unter Freizeit & Tourismus: Veranstaltungen zu finden.

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