von Tim Birkner
Unterirdisches Hilfskrankenhaus in Bad Staffelstein
Die Räume des ehemaligen Hilfskrankenhaus in Bad Staffelstein gibt es noch immer. Im Ernstfall hätten hier 200 Patienten versorgt werden sollen. Dr. Kurt Benz hatte es vor 35 Jahren für einen einzigen Tag in Betrieb genommen. Adelheid Waschka möchte daraus ein Schaudepot machen.
Im Eingangsbereich hängen heute noch die Duschköpfe an der Wand. Dicht nebeneinander. Der Raum hat noch ein Schild: „ABC-Entgiftung“. Überall hängen noch Schilder, Ausdrucke in Klarsichtfolien. Sie hängen hier seit 35 Jahren. Damals hat Dr. Kurt Benz für einen Tag das Hilfskrankenhaus in Betrieb genommen. Da war er der ärztliche Direktor des Lichtenfelser Klinikums – und damit auch für das Krankenhaus unter der Adam-Riese-Halle in Bad Staffelstein verantwortlich. „Es war die Zeit des kalten Krieges, und alles war geheim“, erinnert er sich.
200 Betten sollten unter der Erde Platz haben, vier Operationssäle wurden gebaut und natürlich eine Küche. Die Küchenzeile mit großen Wannen, in denen die Helfer des THW bei der Übung Klöße für die Statisten des Test-Tags rollten, steht noch immer. Das übrige Mobiliar, wie zum Beispiel OP-Tische, Sterilisatoren und Anästhesie-Geräte mitsamt der OP-Bestecke, wurde zur humanitären Unterstützung unter anderem nach Honduras verschifft.
Heute lagern in den Krankenzimmern Stühle und Deko für die Adam-Riese-Halle und die Bestände des Stadtarchivs. So führt Adelheid Waschka, die Stadtarchivarin, durch die Räume, die inzwischen ihre geworden sind. Material aus dem Bären-Areal, der Nachlass des Architekten Andreas Dentsch, das, was von der Stadtkapelle übrig blieb – Waschka bewahrt es hier auf. In einem Raum stehen noch ein paar Stockbetten, die sie als Erinnerung aufgehoben hat. Noch in Folie eingeschweißte Matratzen, Wolldecken mit der Aufschrift „Bundeseigentum“. Im Ernstfall wären in den Stockbetten drei Etagen übereinander belegt worden.
Doch schon nach wenigen Stunden im Probebetrieb am 29. Oktober 1988 war klar: Die Luft reicht nicht. Dr. Benz hat damals einen 120-seitigen Abschlussbericht geschrieben – damals noch mit der Schreibmaschine. „Es gab ein paar Dinge, die nicht funktionierten. Das habe ich auch klar formuliert“, erzählt er. Ein Grund waren die Zuständigkeiten. Das Bundesamt für Zivilschutz plante in ganz Deutschland solche Krankenhäuser.
„Anders als beim Helmut-G.-Walter-Klinikum war mein Rat da nicht gefragt“, sagt Dr. Benz. Er bekam das Krankenhaus hingestellt und musste sehen, wie er zurecht kam. Zum Test gab es geschminkte Verletzte und eine echte Operation. Eine Blinddarm-OP wurde an diesem 29. Oktober vom Lichtenfelser Krankenhaus nach Staffelstein verlegt. Licht und Strom sind noch vorhanden, auch die Lüftungsanlage aus den 1980er-Jahren tut noch ihren Dienst. Das Wasser ist längstabgestellt. Ein paar Waschbecken hängen noch. „Die Seife liegt hier seit 35 Jahren unberührt“, sagt Waschka. Sie würde den Keller, der mal ein Krankenhaus war, gerne für Besucher öffnen.
„Ein Schaudepot wäre für die Leute sicherlich interessant“, sagt sie. Doch das Krankenhaus wurde in ein Überschwemmungsgebiet gebaut, eine äußere Betonwanne schützt davor. So gibt es nur einen Zugang – über eine Rampe. Hier sollten die Verletzten nach unten gerollt und dann in das Krankenhaus geschleust werden. Auch das war so eine Planung, die in der Praxis nicht funktionierte. Dr. Kurt Benz hat das im Abschlussbericht festgehalten. Geändert hat sich danach nichts. Zumindest nicht im Hilfskrankenhaus. Mit 200 Betten war es halb so groß wie das Stammkrankenhaus in Lichtenfels.
Rückblickend sagt Dr. Benz: „Wir hatten dafür kein zusätzliches Personal.“ In einem Ernstfall hätte er seine Ärzte und Schwestern aus Lichtenfels abziehen müssen. „Im Umkehrschluss heißt das: Man ist davon ausgegangen, dass das Lichtenfelser Krankenhaus nicht mehr zu nutzen gewesen wäre, sonst hätten wir die Patienten ja auch dort versorgen können.“ Wer diese Patienten gewesen wären, da ist sich Dr. Benz nicht sicher. Das Krankenhaus war das Näheste zur Grenze. Gut möglich, dass es überrannt worden wäre – und Dr. Benz auch die Verletzten der anderen Seite hätte versorgen müssen. Das ist sein ärztlicher Eid – er hilft all denen, die Hilfe brauchen.
Ob die Angst der Bevölkerung durch diese Bauten gelindert oder eher gefördert wurde, dahinter setzt Dr. Benz heute ein Fragezeichen.