… 1001 Ideen

„Der Hof hat anstrengende Zeiten hinter sich“, sagt Inge Neubauer im Seminarraum des Hauses. Feuer lodert in einem grünen Kachelofen, die Tür ist noch im Original. Ebenso die Treppe, die in den ersten Stock des ehemaligen Bauernhauses führt. Fast hätte sie den Ausschlag gegeben, dass das gesamte Gebäude unter Denkmalschutz gestellt worden wäre – doch es blieb beim „fast“. Nun können Inge Neubauer und Helmut Schiffner hier fast alles machen, worauf sie Lust haben.

Ideen sprudeln aus den beiden reichlich. „Meist sagt meine Frau, es wäre doch schön, wenn wir… Und ich sag´ dann: Lass es uns einfach machen“, erzählt Helmut Schiffner. Manchmal beginnt es mit Details, so wie die Geschichte, wie dieser Hof zu ihnen kam, der früher das Schloss Hain versorgte und dessen Wurzeln ähnlich alt sind. 1330 wurde das Schloss im Besitz von Heinrich von Redwitz zum ersten Mal erwähnt. 1774, also vor punktgenau 250 Jahren, wurde es auf den alten Fundamenten neu gebaut. Heute steht es leer.

So wie auch der dazugehörige Ökonomiehof lange leer stand. „Beim ersten Mal habe ich die vielen Vogelnester gesehen und mich verliebt – bei meinem Mann war es die alte Treppe“, erzählt Inge Neubauer. An den Nestern und der Treppe hingen ein halbes Dutzend Gebäude und 15 Hektar Land. Der Zustand 2008 war schlecht. „Die Keller standen unter Wasser und wir haben unzählige Container mit Unrat weggeschafft“, erinnert sich Helmut Schiffner. Der Ökonomiehof in Hain war einer der erfolgreichsten Milchviehbetriebe im Landkreis, weiß Schiffner. Heute haben Inge Neubauer und Helmut Schiffner für ihre Pferde und Wiesen selbst eine landwirtschaftliche Produktionsnummer. „Und einen Kutschenführerschein habe ich inzwischen auch“, lacht der 71-Jährige.

Das Gelände ist ein Standort für ihr Unternehmen Datex-Perfekt geworden. Hier werden zum Beispiel Mitarbeiter in Selbstbehauptungskursen geschult. Schiffner findet gerne Dinge und bringt sie mit nach Hain. Draußen vor der Scheune stehen „Moni & Tor“ zwei geschweißte Figuren mit einem kleinen Röhrenfernseher als Kopf. Damit sie in Ruhe altern können, hat Schiffner ihre Bestandteile aus Pappmachés durch Metall ersetzt. In München ist er gleich zweimal fündig geworden, kein Wunder, er kommt auch aus der Landeshauptstadt.

Bei Kare in der Fundgrube stolperte Helmut Schiffner über einen riesigen Leuchter. „Ich musste ihn einfach haben – der Transport war dann noch aufwändiger als der Kauf “, sagt er. Heute hängt er in der Scheune, die ein Tagungsort geworden ist. Unten stehen große runde Tische. „Die habe ich aus der Vorstand-Etage der Allianz, als die mal etwas Neues wollten“, erzählt der Münchner, der die Partyband „Saragossa“ mitgründete.

Zu seinem 60. Geburtstag kam der Leuchter in die Reithalle und die Band kam auch. „Ich sollte zwei Lieder singen – und stand am Ende die ganze Nacht auf der Bühne“, erinnert er sich. Die Erinnerungen auf dem Gelände von Inge Neubauer und Helmut Schiffner verknüpfen sich. Er findet einen großen Sandstein in der Wand des Bauernhauses. Anstatt ihn wieder einzuputzen, lässt er ihn frei stehen, wie auch ein Stück vom Fachwerk. Gleich gegenüber hängt ein großer Spiegel auf dem Weg zu den Toiletten. „Die waren das Erste, was funktionieren musste“, erinnert er sich an die Bauzeit, die irgendwie noch nicht zu Ende ist. Ein paar Uhren hat Schiffner gesammelt und auf dem Außengelände verteilt – jede zeigt ihre eigene Zeit. Anders als bei den nahen Windrädern drehen sich die Zeiger nicht mehr. Die Windräder können Helmut Schiffner in Rage bringen – das ist eine eigene Geschichte.

Inge Neubauer und Helmut Schiffner begegnen ihnen inzwischen mit Bäumen. Über 60 verschiedene Bäume haben sie auf ihrem Gelände gepflanzt. „Meist schon etwas größere – in unserem Alter haben wir nicht mehr so viel Zeit“, lacht er vor der nächsten Uhr. Die Sichtverbindungen auf dem Hof sind gewachsen. Dort wo sich die Windräder dazwischen gedrängt haben, haben Schiffner und Neubauer einfach einen Baum gepflanzt. „Dann sehen Sie das Windrad nicht mehr“, sagen sie. Ein Münchner im Himmel: So fühlt sich Oberfranken im Allgemeinen und sein Hainer Hof im Besonderen für ihn an. „Ich fühle mich wohl auf dem Land. Die Großzügigkeit ist einfach wohltuend“, sagt er. Klar fahre er auch gern mal U-Bahn, doch dann geht es schnell wieder nach Hain, weil es so schön ist. Manchmal kommt er dann auch mit einem 7,5-Tonner zurück, weil er gerade ein paar interessante Teile in einer Insolvenzmasse gefunden und gekauft hat. Zum Beispiel die jungen Männer, die einst für Sport-Scheck standen. Sie hängen jetzt zu dritt nebeneinander an einer Wand. Oder ein paar Deko-Fenster: „Aus denen habe ich eine DAX-Kurve an der Scheune geschraubt.“

Inge Neubauer erinnert sich noch, wie sie nach der Entdeckung der Vogelnester auf eine Anhöhe gestiegen ist und den Hof dann zum ersten Mal im Überblick gesehen hat. „Der Blick war überzeugend. Es ist einfach ein Glücksfall, den wir nie bereut haben.“