In der Unterwelt von Klosterlangheim #1

von Tim Birkner

Unterirdisch

Stein war ein Zeichen von Reichtum. Als es in Lichtenfels gerade eine Hand voll Häuser aus Stein gab, bauten die Zisterzienser in Klosterlangheim ihre Kirchen, ihr Kloster, ihre Wirtschaftsgebäude komplett aus Stein. Weil sechs Gewässer nach Langheim fließen, das wie eine Spinne im Netz von Bächen und Gräben liegt, mussten sie das Wasser bändigen. Noch heute, mehr als 200 Jahre nach der Säkularisierung, funktionieren die unterirdischen Kanäle, in die Heimatforscher Bernhard Christoph hinabsteigt. Natürlich sind sie alle aus Stein.

Ein ausgeklügeltes System aus Rückhaltebecken schützte das Kloster in Langheim. Die Teiche in den Seitentälern wurden gleichzeitig zur Fischzucht genutzt – schließlich gab es im Kirchenkalender viele Tage, an denen kein Fleisch gegessen werden durfte. „Die Mönche waren erfinderisch, dann gab es eben Fisch“, sagt Bernhard Christoph. Dieser Erfindungsreichtum ist auch zu erleben, wenn Christoph in die alten Kanäle von Klosterlangheim steigt. Während vom überirdischen Kloster ein Großteil abgebrochen ist, existiert ein Großteil der unterirdischen Bauten noch heute. Und sie leisten ihren Dienst. Durch den Leuchsenstollen passt auch nach heutiger Berechnung ein hundertjähriges Hochwasser. Er führt unter den Wirtschaftsgebäuden hindurch, unter anderem war hier die Brauerei und die Mühle untergebracht.

„Wenn sie in Betrieb war, floss das Wasser durch den unterirdischen Mühlkanal in den Tempelsgrabenstollen“, erklärt Christoph. Sonst ging es aus dem Mühlbach direkt zurück in die Leuchse. Der Hauptkanal ist der besagte Tempelsgrabenstollen, auch er ist begehbar, zumindest mit Gummistiefeln und Stirnlampe. Fast einen halben Kilometer führt er unter dem ehemaligen Kloster hindurch. Der Wasserüberlauf des heutigen Dorfbrunnens fließt von der Decke in den Kanal. Andere Zuläufe sind längst zugemauert. Zum Beispiel der aus dem Weinkeller des Abtes. „Hochwasser waren hier im Tal normal. Also lief auch der Weinkeller immer wieder mal voll“, sagt Christoph. Mit dem Anschluss an den unterirdischen Kanal lief er dann aber auch geordnet wieder leer.

In manche Seitenkanäle kommt man nur gebückt. „Die Zisterzienser haben das Wasser kontrolliert. Sollte es schneller fließen, haben sie die Kanäle schmaler gebaut“, erklärt der Heimatforscher. Das war dort wichtig, wo man schwer hinkam, um die Kanäle zu reinigen. Oder dort, wo das Wasser etwas wegspülen sollte. „Auch das Krankenhaus der Mönche wurde an den Kanal angeschlossen. Sie hatten einen Abort, der hier hinein ging“, so Christoph. Heute führen die Kanäle nur noch das Wasser der Bäche rund um Klosterlangheim. Christoph hat sie vermessen, so gut es ging und wo er noch hinkrabbeln konnte. Am Ende ist er auf fast einen Kilometer Strecke gekommen.

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