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Sonderthema DESIGN: Die Ästhetik der Maschine #20

Interview mit Friedrich Herdan

Auf der einen Seite die nutzlosen Kreativen, Spinner, Designer und Künstler, auf der anderen Seite echte Arbeiter in großen Industrie-betrieben, die lebensnotwendige Waren des täglichen Bedarfs produzieren, das Land am Laufen halten und Wohlstand erwirtschaften – jahrzehntelang klaffte zwischen beiden Lagern eine große Lücke. Mittlerweile aber hat ein Umdenken eingesetzt: Wo früher Gegensätze aufeinanderprallten, profitiert man heute voneinander, bestätigt Friedrich Herdan, Präsident der IHK zu Coburg. Wir haben uns mit ihm unterhalten.

Herr Herdan, kann man Design mit Schönheit gleichsetzen? Ist für Sie gutes Design auch schönes Design?

Design übersetzt bedeutet ja zunächst ganz wertneutral Gestaltung oder Formgebung. Insofern liegt es immer im subjektiven Geschmack oder auch im Auge des Betrachters, was als „schön“ empfunden wird. Gutes Design ist für mich: wertige, technisch klare, ästhetische Gestaltung, die sich nicht aufdrängt, sondern integriert – und vor allem funktioniert. Design ist kein Selbstzweck. Doch der heutige Designanspruch vereint über die Form hinaus weitere Aspekte, insbesondere Funktionalität, Bedienbarkeit, Lebensdauer, Kosten-/Nutzeneffizienz sowie zunehmend auch Nachhaltigkeit über die gesamte Produktlebenszeit. Wenn es gelingt, diesen Anspruch bestmöglich umzusetzen, entsteht gutes Design.

Produkte bestehen aus Ihrer Funktion und Design. Viele Produkte zeigen, wie wichtig Design für Erfolg ist. Ist Design heute wichtiger als Funktionalität?

Wichtiger nicht, aber Design hat eine wichtige Querschnittsfunktion, die sich im gesamten Produktzyklus wiederfindet. Es ist ja ein Gleichklang: Erst aus der Symbiose von Kreativität, Handhabung, Gestaltung und Kosten-/Nutzeneffizienz entstehen marktorientierte Innovationen. Deswegen hat ja die IHK zu Coburg schon im Jahr 1988 zusammen mit Fachhochschule und Unternehmen die Coburger Designtage initiiert, um dem Thema eine größere Öffentlichkeit zu erschließen und Wirtschaft und Gestalter zusammenzubringen.

Gerade erfolgreiche Handelsprodukte sind zeitgemäß designt. Hat Design aber auch bei Maschinen eine Bedeutung?

Die Antwort sieht man doch hier vor Ort: „Maschinen made in Coburg“ heben sich mit höchster Ingenieurqualität und dazu mit professioneller Gestaltung vom Wettbewerb ab. Gerade unsere exportorientierte Wirtschaft ist gefordert, durch besondere kreative, innovative und Kosten-Nutzen-optimierte Leistungen Marktpotenziale zu erschließen. Maschinen wie Anlagen verändern daher bei gleicher Funktion durchaus ihr Aussehen im Laufe der Jahre. Insbesondere die steigenden Ansprüche an Effizienz bei Energie- und Materialeinsatz und Entlastung des Menschen sind Treiber für Veränderungen mit höchsten Anforderungen an kreatives Design.

Kann es bei den langen Produktlebenszyklen in der Industrien überhaupt so etwas wie zeitgemäßes Design geben?

„Zeitgemäßes Design“ spiegelt immer den Charakter, den Geschmack im Zeitgeist der Entstehung eines Produktes wider. Und weil der Zeitgeist sich immer schneller wandelt, gewinnt auch Design mehr und mehr an Bedeutung. Beispielsweise durch die Digitalisierung erlebt jeder Einzelne ganz unmittelbar, dass dem so ist. Und mit zunehmender Erhebung, Vernetzung und Nutzung von Daten verändert sich nicht nur das Design von Gebrauchsgegenständen im persönlichen Umfeld, sondern auch von Maschinen und Anlagen, auf denen diese hergestellt werden.

Ist Coburg mittlerweile als Designstandort auf der Landkarte Deutschlands? Oder nimmt man sich zu wichtig als Kleinstadt?

Wir nehmen uns als Coburg sogar nicht wichtig genug. Mit ca. 9.000 Unter-nehmen, davon ca. 400 (incl. Freiberufler) im Bereich der Kreativwirtschaft ist die Region „IHK zu Coburg“ gut aufgestellt. Wir haben mittlerweile bundesweit anerkannte Designkompetenz erreicht, es gibt die Fakultät Design an unserer Hochschule, die mit der IHK zu Coburg beispielsweise bei der Qualifizierung zum Industriemeister oder Polstermöbeldesigner kooperiert, und die Coburger Designtage ziehen Publikum national und auch international an.

Friedrich Herdan

… ist seit 2008 jetzt schon in der dritten Amtsperiode Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Coburg. Darüber hinaus war er ab 1980 Geschäftsführer der Coburger Werkzeugmaschinenfirma LASCO Umform-technik und führte von 1986 bis 2011 das Unternehmen alleine. Heute ist er Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung der Lasco Holding. Außerdem engagiert er sich in Maschinenbau-Fachverbänden und Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, u.a. ist er politisch als Stadtrat in Coburg aktiv.

 

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